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WEG: Ilse Wegmann

Auf nach Island

Silhouette eines isländischen Campingwagens, von Ilse Wegmann

Der Besuch auf dem verlassenen Campingplatz in der Nähe der Kulturwerkstatt Kircheib hat die Künstlerin Ilse Wegmann zu Objekten und einer kleinen Geschichte inspiriert. „NUR WEG HIER“ ist sie überschrieben:

„Keine Menschenseele, nur zerrüttete Wohnwagen und Hütten, allerlei Hausrat wie ausgeschüttet. Hin und wieder verwilderte Rosen. Was war wann geschehen? War es eine Epidemie, eine Insektenplage, ein Giftanschlag oder ein Überfall?

Die Camper ließen hurtig futuristisch anmutende, monströse, zu einem Paket zusammengefaltete Wohnquartiere auf Rädern direkt aus Island einfliegen. Mit einem Treck machten sich die Flüchtenden auf, um sich auf dem isländischen Inselparadies anzusiedeln, wo es noch genügend Oasen für Camper an frischer Luft gab.“

Da haben wir also ein Happyend, was in der Dystopie nicht zu erwarten war. Zumal sich dem Blick auf die tiefschwarzen Teile der Installation von Wegmann kaum Heiteres bietet. Die „Wohnquartiere auf Rädern“ zeigt sie als Silhouetten aus Bitumenpappe. An der Wand ist die ins Zweidimensionale abstrahierte Form eines solchen Gefährts entfaltet. Ein ausladendes Unikum, nicht aus dem Universum der schicken Campermobile. Ilse Wegmann hat bei einem Arbeitsaufenthalt auf Island in einem solchen Gehäuse gewohnt.

Zusammengestaucht zum kleinen Paket liegt ein zweites Exemplar auf einer Säule, diese ebenfalls aus schwarzer Pappe gefertigt. Ironischerweise ruht das Päckchen auf kleinen Rollen, auf denen sich der Wagen nicht weit bewegen könnte. Allenfalls eine Fahrt im Kreis um die eigene Achse ließe sich machen.

Die dritte, teilweise gefaltete Variante präsentiert sie auf einem weißen Holzbock. Eine Schnur hält die eingeklappten Seiten zusammen, am Ende ist ein Schlüssel angebunden. Den immerhin braucht man, um in Island ins mobile Heim zu kommen. Oder um erst damit loszufahren, in die Oase an der frischen Luft.

Die Scherenschnitte von geradezu dramatischer Präsenz wirken über die Bedeutung durch Wegmanns biografisch motivierten Text hinaus. Was in drei Bildern geschildert wird, ist auch für andere Assoziationen offen. Die Betrachter können dafür ihre eigenen Schlüssel verwenden.

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