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WEG: Matthijs Muller

Uhrwerk mit Kapriolen

„Auszeit“ von Matthijs Muller

Das Geräusch fällt den Besuchern sogleich beim Betreten des Ausstellungsraums auf: „Klack“ und immer wieder „Klack“ schlagen die Plastikgitter eines ganzen Waldes von Fliegenklatschen aufeinander. Rote, grüne und gelbe Exemplare drehen sich, montiert an einem Uhrwerk mit sechs Motoren, auf Matthijs Mullers Maschine. Eine Konstruktion aus MDF-Platten, schnörkellose Architektur, trägt die Mechanik.

Die Fliegenklatschen klatschen, treffen aber keine Fliegen, allenfalls fächeln sie ein bisschen Luft. Wer darauf achtet, in welchem Takt sich die Plastikarme bewegen, erlebt eine gewisse Regelmäßigkeit. Es braucht allerdings einige Geduld, um den gesamten Ablauf zu erfassen. Das Uhrwerk schlägt im Sekundentakt, Zehn-Sekunden-, Minuten-, Zehn-Minuten-, Stunden und Zehn-Stunden-Takt mit je verschiedenen Armen.

Es lohnt sich, das Objekt zu umrunden und sich das Geschehen aus verschiedenen Perspektiven anzuschauen. Wer zehn Stunden mitspielen würde, hätte trotzdem Mühe, das Verhalten der Maschine ganz zu erfassen. Der Künstler hat zusätzlich mehrere Klatsch-Variationen programmiert, die den Zufall mit ins Spiel bringen. Quer durch den regelmäßigen Takt gibt es hin und wieder Kapriolen. In jedem Fall beschert die bewegte Installation dem faszinierten Betrachter eine meditative „Auszeit“ – und so heißt das Werk auch.

Das Thema Zeit ist hier auf sehr ungewöhnliche Weise ins Bild gesetzt. Paradoxerweise steht die Maschine nicht still, obwohl sie ja die Zeit scheinbar totschlagen möchte. Sie läuft präzise, wie ein Uhrwerk es soll, weicht aber vom Gleichmaß des normalen Zeittaktes ab. Gemessene und erlebte Zeit sind bekanntlich nie deckungsgleich, auch dafür liefert die „Auszeit“ ein spielerisches Modell.

matthijs-muller.eu

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WEG: Inge Kamps

Welt in Scherben

Still aus „Waldscherben“ von Inge Kamps

Der Ort eines misslungenen Lebens, einer gescheiterten Gesellschaft, ist der Un-Ort, heute allgemein mit dem Fremdwort Dystopie bezeichnet, bekannt aus Film und Literatur. Diesem hoffnungskritischen Genre fügt Inge Kamps kein neues Science-Fiction-Werk hinzu. Die Fotografin, Videokünstlerin und Malerin hält sich vielmehr an das Reale und Naheliegende, an die Szenen, die wir in unserem Umfeld erleben können. Das ist einmal der verlassene Campingplatz in Kircheib, wenige Gehminuten von der Kulturwerkstatt entfernt. Das sind zum anderen die zerstörten Wälder in der Region. Dystopien des Alltags.

„Campingplatz“ ist der schlicht sachliche Titel der Video-Arbeit, die sich mit dem Areal beschäftigt, das einmal die Inspirationsquelle für die Ausstellung „Weg“ der Künstlergruppe Acht war. Von Pflanzen überwuchert stehen dort verfallene Wohnwagen und Hütten; das vergammelte Mobiliar, Kleidungsstücke und Essensreste auf Tischen vermitteln den Eindruck, als seien die Bewohner allesamt schlagartig geflohen und nie wiedergekehrt. Diesem geheimnisvollen Unort widmet Inge Kamps sechs Filmsequenzen von je ein bis zwei Minuten Länge, sechs kurze Erkundungsgänge über das Areal, die jeweils in einem Standbild enden. Die unheimliche Atmosphäre wird auf dem Farbmonitor deutlich. Der Sound der munter zwitschernden Vögel wirkt wie ein ironischer Kommentar dazu.

Das Ende der nicht fahrbereiten Campingwagen war offenbar ausweglos. Das gilt auch für das Schicksal des Forstes in der zweiten Videoarbeit: „Waldscherben“. Die Dramatik der Zerstörung durch Trockenhheit und Borkenkäfer in den Fichtenbeständen macht Inge Kamps durch eine schnelle Folge in Bewegung gebrachter Schwarz-Weiß-Fotos und darüber geblendeter Videosequenzen deutlich. Die Strukturen der Äste und Stämme, die am Boden liegen, stellt sie heraus und verfremdet sie geichzeitig durch die Überlagerungen der Bilder und ihre Auflösung in weiße Flächen (Weißblende). Das bewegte Ornament in dem Zwei-Minuten-Video ist mit einem elektronischen Sound unterlegt, der noch einmal die Bewegung forciert, die Dramatik verstärkt. Der brasilianische Komponist Paulo Chagas hat den Klang zerbrochener Glasscherben nachempfunden, was auch den Titel der Arbeit „Waldscherben“ erklärt.

Einen Ausweg kann auch die „Lehrtafel Erde“ nicht bieten, die dritte Arbeit von Inge Kamps in der Ausstellung. Es sei denn, man hält die Schönheit dieser informellen Malerei auf Seiten eines Atlanten nun doch für ein Residuum der positiven Utopie. Anderseits ist die Erde hier in zwei Teile zerfallen und die Milchstraße zerfließt in Farbschlieren. Nichts ist – zum Glück – ganz eindeutig in diesen drei Beiträgen.

kamps-lab.de

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WEG: Sabine Hack

Flechten und Verknüpfen

„Flechtwerk der Erinnerungen“, Rauminstallation von Sabine Hack

Wege kreuzen und verbinden sich, in der Landschaft wie in der Erinnerung, genauso streben sie auseinander. Das „Flechtwerk der Erinnerungen“ von Sabine Hack in der Kircheiber Ausstellung zeigt schon dem ersten Blick darauf, wie vielschichtig die Geschichte und die Geschichten sind und bleiben, auch wenn sie in einem Bild für einen Ort kulminieren.

So heterogen wie der Inhalt sind Form und Material: Das große Wandbild mit bedruckten und bestickten Stoffen fließt förmlich in den Raum. Tücher verschiedener Formate und Farben hängen und liegen wie zufällig da. Zwei Bilderrahmen und ein Sockel mit einer Pferdefigur flankieren den Mittelteil. Das steigende Pferd aus weißem Porzellan mit einem überlangen Schweif aus goldfarbenem Stickgarn ist nur eines der Tiere, die hier eine Rolle spielen. Es gibt ein zweites Pferd, eine Silhouette aus rotem Garn gestickt auf grün strukturiertem Papier; es gibt diverse Singvögel und Eulen, doch dominant sind die beiden Wölfe. Der eine schaut den Betrachter aus dem Zentrum der Installation heraus an, vor den Birkenstämmen breitet er seine Vorderläufe aus wie Arme – eine ungewöhnlich einladende Geste für das Raubtier. Wie ein Wasserfall (nicht farblich, aber in der Form) entspringt hier das tarnnetzartige Tuch, das in einen Brokatstoff mündet und sich auf weitere Textilien erstreckt, die zum Teil biografische Bedeutung für die Künstlerin haben.

Der Wolf, so Sabine Hack, ist nicht allein das märchenhafte, mythische Motiv, sondern gleichzeitig das aktuelleste ihrer Arbeit für die Ausstellung „WEG“ in der Kulturwerkstatt Kircheib: Er ist präsent in den Wäldern um den Ort, seine Spuren findet sie bis in ihren häuslichen Garten wenige Kilometer von Kircheib entfernt.

Die Pferde in ihren heraldischen Posen sind dagegen ein visuelles Echo aus fernen Zeiten: 1796 traf französische und österreichische Kavallerie, gefolgt von Infanteristen, in der Schlacht von Kircheib aufeinander. An die 2000 Tote blieben auf dem Feld; ein Gedenkstein in der Nähe des Ortes erinnert daran.

Die Textilien mit ihren Tiermotiven und Pflanzenornamenten deuten Geschichten an, die schon handwerklich auf dem Verknüpfen von Fäden beruhen. Das gesamte „Flechtwerk“ mit seinen Assoziationen anregenden Weg-Verbindungen spricht auf seine Weise auch von den nur abwesend anwesenden Menschen, die in diesen Verflechtungen lebten und heute leben.

http://sabine-hack.de

Umwege, Auswege

„Wege“. Tusche auf Faltplan, 100 x 130 cm. 2022

Die Zeichnung oben entstand für das Ausstellungsprojekt „WEG“ der Künstlergruppe Acht. Die Objektsprache eines Faltplans von Italien hatte mich gereizt, gegen die strikt vermessene Zeichnung von Wegeverbindungen, Orten und Grenzen etwas zu setzen, eine andere, lebendige, auch planlose Form von Wegen. Die gedruckte Karte ist kaum zu erkennen; ich habe die Rückseite mit ihrer regelmäßigen Faltstruktur benutzt. Die Tuschelinien entstanden spontan, gestisch, mit dem Pinsel und geschüttet.

Ich schicke das voraus, damit nicht das Missverständnis entsteht, mir sei es beim Zeichnen um die Illustrierung der folgenden Gedanken gegangen. Die Zeichnung hat zunächst einmal ihre eigenen Wege genommen. Das, was entstanden ist, löst erst im Nach-Denken die verbale Umschreibung der sichtbaren Gestalt aus.

Das Netzwerk der Italienkarte – es spielt keine Rolle, dass es Italien ist – ist etwas fundamental anderes als die Weg-Zeichnung. Im Liniennetz werden Orte durch Strecken verbunden, die einen möglichst kurzen Weg weisen. Autobahnen und Eisenbahnlinien nehmen dabei viel weniger Rücksicht auf die Topografie und die Anwohner als die kleinen Straßen, die einmal auf den Wegen früherer Fußpfade entstanden sind. Es geht um Tempo, um die kürzeste Verbindung zu den Verknüpfungspunkten. Die Dauer des Weges wird eher als Nachteil empfunden. Transportwege müssen kurz sein, fordert die Ökonomie. Zeit ist Macht – das gilt für Rohstoffe, für Waren, für Daten und auch für Menschen. In den Machtspielen um Verbindungslinien ist das aktuelle Stichwort „Pipeline“.

Ganz anders die Wanderung, die offen ist für Umwege, die sich Zeit nimmt für Entdeckungen. Man hat ein Ziel, kann es aber auch ändern. Es geht nicht in erster Linie ums Ankommen.  Solche Wege, meist Fußwege, stehen in einem inneren Zusammenhang mit den Wegen der Naturvölker, die aus ihren Erwanderungen in verschiedenen Formen ihre eigenen Karten entwarfen, Flechtwerke von Lebenslinien, die im Gegensatz zu den Messtischblättern verworren und voller Poesie erscheinen – was sie ja auch waren.

Solches „Wandern ist weder ort-los noch ort-gebunden, es ist ort-schaffend“, schreibt  Tim Ingold in seinem Buch „Eine kurze Geschichte der Linien“. In seinem Text ist der metaphorische Sinn des Wege-Findens zentral: Es geht immer auch um die gestische Zeichnung, die ihre Spur und ihre Wegmarken setzt, als entschieden subjektiver Akt. „Die Spur der Geste bzw. die Linie, die sich in einem Spaziergang frei ergeht, hat nicht das Geringste mit der Disziplin der Kartografie zu tun. Anstatt ein Teil der Karte zu werden, gilt sie als zu tilgende Störung“, so Ingold im Zusammenhang mit Handzeichnungen auf Karten.

Ganz so sehe ich die Wege, die vergleichbar dem gestikulierenden Schildern gezeichnet  werden – Richtungen zeigend, Verläufe andeutend, Dauer signalisierend. Dabei ist die Freiheit des Wanderns bedingt, wie alle Freiheit. Meine Zeichnung auf der Rückseite der regelmäßig gefalteten Karte, vielleicht diese nun eine getilgte, wird beeinflusst von deren reliefartiger Struktur. Die scheinbar ziellos fließende Tusche ändert ihren Verlauf an den Kanten, wird geführt, nimmt eine neue Richtung, schafft Anschlüsse, bietet Auswege. Der breite Pinselzug rechts scheint nicht überwindbar, die Linien machen davor Halt. Da wo die Wege enden, ist kein wirkliches Ende, kein fester Ort.

So schwierig es ist, einen lebendigen Fluss zu kartieren, so wenig lässt sich diese Wegzeichnung fassen. Ihre Ziele liegen wohl jenseits des Plans.

„Wege“, teilweise gefaltet

Die Ausstellung „WEG“ in der Kulturwerkstatt Kircheib beginnt am 23. Oktober um 14 Uhr. Geöffnet bis 4. Dezember jeweils Fr, Sa, So 14 bis 18 Uhr. kulturwerkstatt-kircheib.de

Kitschkunst, Kunstkitsch

Ist es nicht verwunderlich, dass eher selten von Kitsch die Rede ist, obwohl er uns im Alltag eigentlich ständig verfolgt? Es gibt jede Menge Fachhändler für Kitschobjekte: Ein-Euro-Läden, Baumärkte, Grabsteinanbieter, Dekobedarfsläden, gewisse Bildergalerien und nicht zuletzt die Trödelmärkte. Und die entsprechend gestalteten Haushalte. Von deren wohlmeinenden Mitgliedern erreichen uns dann die Geschenke, über die wir uns so sehr freuen

Aber abgesehen von solchen Attacken, was kümmert mich der Kitsch, wenn ich mich nicht dafür interessiere, sondern für Kunst? In dem Genre erreicht mich doch der Trash nicht? So einfach ist es, bei der Zipfelmütze des Gartenzwergs, leider nicht. Kitsch schleicht sich gerne in die Kunstwelt ein, hat es immer getan.  Das fängt schon an mit den Bild-Ausschnitten – gezielt fokussierte Teile – von alten Gemälden, die massenhaft reproduziert die Kunst zum Kitsch machen. Raffael ist ein beliebtes Opfer solcher Machenschaften. Obwohl: Einge seiner Madonnen eignen sich auch gut dafür. Wenn aber die Putten, die am unteren Bildrand der Sixtinischen Madonna flügellahm sinnieren, extrahiert und für sich als Bild präsentiert werden, erfüllen sie einzig und allein ein Kitschbedürfnis.

In der Romantik – der Epoche, in der der Kitsch erfunden wurde – verschwimmt die  Grenze zur Kunst immer wieder, bei Runge, bei Spitzweg …

Don Quixote, dem Kitsch ausgeliefert. Zum Haare raufen – wenn man welche hat.

Und heute? Mit einem Sprung in die Gegenwart enteilt keiner dem Kunstkitsch oder der Kitschkunst, wenn er zum Beispiel bei Jeff Koons landet. Seine kunterbunten banalen Motive spalten die Kritikerzunft in die Riege der Verächter, die das für Kitsch halten, und die der Wohlwollenden, die es für einen gelungenen Coup von Koons halten, die Kitschmotive in die Kunst krachen zu lassen – endlich wieder ein Tabubruch.

Ich halte Koons‘ Objekte für eine neue Art von Kitsch. Neu daran ist vor allem das beinharte Marketing, mit dem die Firma Koons es schafft, den Trödel im Kunstsystem für Millionen Dollar loszuschlagen. Da haben wir den elitären Dekobedarfsladen für Stinkreiche.

Doch damit geht die Fragerei ja erst richtig los. Was ist denn nun Kitsch, wie erkenne ich ihn und vor allem: Wie unterscheide ich Kitsch von Kunst? Ein abendfüllendes Thema.

Es gibt diverse Theorien über den Kitsch. Fürs erste halte ich es aber für spannender, einmal eine Theorie des Kitsches anzuschauen, um nicht von vorneherein ein Minuszeichen vor die Sache zu setzen. Wie erzeuge ich Kitsch? Anleitungen dazu verwenden das negativ besetzte Wort nicht. Es geht um das schöne Heim, die erfreuliche Gestaltung, die künstlerisch aparte Atmosphäre oder ähnliches. Der Ratgeber-Markt dafür entwickelte sich sprunghaft im 19. Jahrhundert, auf ihm waren Zeitschriften wie „Die Gartenlaube“ platziert, einschlägige Bücher und gesellige Abende mit „populären kunstgewerblichen Vorträgen“. In einer so übertitelten Reihe erschien 1883 der Text „Die künstlerische Ausstattung der bürgerlichen Wohnung“ von Friedrich Fischbach. Der aus Aachen stammende „Director der Kunstgewerbeschule St. Gallen“ machte dezidierte Vorschläge. Weil es sonst den Rahmen sprengt, hier nur das Wichtigste:  Die Architektur soll reich geschmückt sein mit Pilastern, Gesimsen, Holztäfelung und Deckenstuck. Auf der so grundierten Wand macht sich gut die Reproduktion einer Madonna von Raffael – da ist er -, denn „Bilder sollen erheben und erfreuen“ und „die Darstellung der Mutterliebe, des häuslichen Glückes erfreuen Jedermann“. Speziell für Kinder soll die Kunst im Heim „die drastische Phantastik der Märchenwelt“ vor Augen führen, „für Jünglinge und Jungfrauen die ideale Welt der nordischen und griechischen Mythen“. Und der „Dreiklang der Daseinsfreude: >Liebe, Wein und Gesang<“ sei „in der bildenden Kunst unendlich zu variieren“.

Das Haus ist der „Tempel der Schönheit“, so Fachmann Fischbach, und der „gottbegnadete Künstler“ stärke mit seinen Beiträgen „unseren Glauben an die edle Herzenseinfalt und kernige Biederkeit“ des deutschen Volkes. Diese Phrasen waren in aller Einfalt ernst gemeint.

Fischbach, jetzt als Synonym für solche Kitsch-Klischees genommen, ist vorbei, aber das Phänomen bleibt bis heute bestehen. Ausdruck der reinen Daseinsfreude, erfreuliche Atmosphäre, ein Faible für Schönes, dabei alles ausgeblendet, was nicht in die heile Welt passt: Voilà, le Kitsch.

Ja, das deutsche Wort, wahrscheinlich 1860 erstmals verwendet von dem Schriftsteller Wolfgang Müller in Königswinter, ist so speziell und unübersetzbar, dass es auch im Englischen, Französischen, Griechischen und Türkischen verwendet wird. Wikipedia erklärt den Begriff als abwertend verwendet für „minderwertigen Gefühlsausdruck“. Wann ist ein Gefühlsausdruck minderwertig? Jedenfalls dann, wenn er nicht echt ist.

Die Differenz von Kitsch und Kunst lässt sich so bestimmen: Ein Kunstwerk ist interpretierbar, weckt das Bedürfnis nach Deutung, der Kitsch dagegen nicht; er ist eindeutig und (unter)hält passiv. Es handelt sich immer um Stereotype, um die vermeintlichen populären Gewissheiten. Die Offenheit und Vielschichtigkeit von Kunstwerken stünde demnach dem Kitsch fremd gegenüber.

Der Kitschtest für Artefakte, die mit einer Kunstbehauptung auftreten, ist allerdings nicht so einfach zu handhaben. Denn Künstler spielen gerne mal mit Kitsch, machen ihn zum Inhalt ihrer Arbeit. Aber ist das Werk deswegen kitschig? Wesentlich entscheidend ist, in welcher Form die populären Klischees verarbeitet werden. In den Collagen von Max Ernst entstehen aus den banalen Vorlagen rätselhafte und faszinierende surreale Räume. Der Pop-Artist Claes Oldenburg präsentiert alltägliche Gegenstände wie einen Apfelkitsch (das Wort passt wunderbar, ist aber etymologisch nicht verwandt) in inadäquatem Material, wie z.B. weichem Stoff, und riesig vergrößert. Diese deutlich ironische Geste bricht das Klischee.

Von Oldenburgs ironischem Kunstgriff hat Koons gelernt: Auch er übersteigert die Dimensionen seiner Motive, der bunten Blumensträuße und Luftballons. Doch die Ironie verblaßt im Ansatz vor der Erhabenheit der hochglanzpolierten Objekte in edlem Material. Koons produziert – oder lässt produzieren – für den Kunstmarkt der Investoren, die Millionen für ein solches Objekt bezahlen. Seine Werke sollen unkompliziert und für jeden verständlich sein. Nichts steckt dahinter, aber das Publikum darf staunen: über die handwerkliche Perfektion, Glanz und Größe und die astronomischen Preise. Fischbach wäre sicher begeistert.

Überzuckert. Meine Metapher für Kitsch ist das übertrieben Süße. Eine fotorealistische Malerei von Sarah Graham ist das passende Bild dazu: In ihrer Serie „Wilderness of Kitsch“ zeigt sie eine Anhäufung von Süßigkeiten in ihren bunten Verpackungen. Die britische Künstlerin präsentiert den Alltagskitsch, häuft ihn auf zu einer geschlossenen Welt des Süßen. Mit ihrem versuchten Kurzschluss von Kitsch und Kunst will Graham dem Kitsch wohl entgehen. Knifflig, doch ich sehe im Klischee hier nur das Klischee. Interpretieren lässt sich da weiter nichts. Sonst könnte ich auch gleich die Süßigkeiten im Supermarkt interpretieren. Wie sagte Clement Greenberg: Kitsch „ist für den Betrachter vorgekaute Kunst“.

Ein mögliches Fazit: Wenn die Kunst Kitsch verarbeitet, können vielschichtige und produktive Werke  entstehen. Wenn umgekehrt der Kitsch Kunst verarbeitet, dann dient der Kunstanspruch missbräuchlich allein der sozialen und kommerziellen Aufwertung des Eindimensionalen, der gefälschten Gefühle für „edle Herzenseinfalt“.

Die Sitzecke als Falle

So viel Widerspruch, wie ihn die Aussagen von Noemi Smolik bei mir hervorrufen, ist nicht gut zu übermitteln. Es ist halt alles falsch an ihren Thesen zur Kunst anlässlich der documenta 15, abgedruckt in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Kunstforum. Dieser Gegenstand der Kritik und eben meine Kritik drohen, in ein quantitatives Mißverhältnis zu geraten.

Lieber reagiere ich erst einmal angemessen: satirisch.

Gelesen habe ich, bei  der schätzenswerten Noemi Smolik also, das indonesische Künstlerkollektiv ruangrupa habe kuratiert, auf der d15 „nicht einzelne Kunstwerke“ zu zeigen, sondern weitere Kollektive eingeladen, um deren Aktivitäten zu diskutieren. Und deshalb begegne der Besucher in der Kasseler Ausstellung „überall vielen Sitzecken“. Jetzt wird’s gemütlich, dachte ich spontan erfreut, endlich muss ich der Kunst nicht gehend und stehend und gehend den Wegezoll entrichten. „Sitzecken“, das hätte Duchamp auch einfallen können. Obwohl – seine Fountain, nicht weit vom Sofa, ist ja auch durchaus praktisch.

Das will ich sehen, ganz klar. Aber deswegen ab nach Kassel? Nicht nötig, 15 Minuten von meinem Zuhause gibt es ein Möbelgeschäft. Mit Sitzecken, vielen, sogar Liegeecken. Meist sind die riesig und haben gedeckte Farben; viel seriöses Grau, etwas langweilig. Aber da steht auch ein quietschbunter Ecksitz, das gerade im Preis reduzierte Modell Lumbung aus Biobaumwolle mit Reisfüllung…

Darauf lässt sich bequem räsonnieren, auch über trockene Themen wie den „modernen Kunstbegriff“, den Expertin Smolik mal im Norden, mal im Westen ansiedelt. Aber eben nicht im Süden, woher der Kaffee kommt, den wir in der Sitzecke trinken, darauf kommt es an. „Der moderne Kunstbegriff“, sagt die Bonner Kunsthistorikerin, “ ist nur eine lokale Erscheinung. Aber vor allem in der Geschichte der Menschheit nur ein kurze Episode“. Denn das Ende sei nahe, das des Kunstbegriffs, nach dem ein „Individuum“, oh je, der „Künstler*in“, ein „autonomes Objekt“ erschaffe für „ein individuelles Betrachten“. Zwei Einsame, und dann auch noch ein autonomes Objekt, das ist wirklich hart. Ein Staubsaugerroboter fährt jetzt zwischen den Sitzecken herum.

Und dann will dieser nordwestliche Kunstbegriff auch noch auf der ganzen Welt gelten, dieser Kolonialist. Womit dann in Süd und Ost ganz andere Kunstbegriffe unterdrückt werden. Deswegen, sie hat es gesehen, laufen in Kassel Filme, die den Verlust der eigenen Lieder und Rituale betrauern, den Verlust der „kulturellen Identität“.

Die indonesischen Lieder und Rituale sind weg? Ja wenn… Sie sind jetzt alle auf youtube, zu sehen und zu hören; sie haben Millionen Klicks.

Genug der Albernheiten. Ich kappe diesen Faden meiner Erzählung und versuche, Haltung zu bewahren. Obwohl ich eben nicht verstehe, wie die zitierte Autorin, von der ich gute Texte kenne, ein solches Zerrbild des modernen Kunstverständnisses entwerfen kann. Der ursprünglich europäische Kunstbegriff, der tatsächlich längst so global ist wie der Kunstmarkt, war immer ein offener Begriff, immer vielfältig und veränderbar. Der Künstlerhabitus des einsamen Helden an der Staffelei war und ist zugleich Mittel der sozialen Positionierung, Marketing und Ziel der künstlerischen Kritik. Die Autonomie als Freiheitsbegriff ist nie zu denken ohne den gesellschaftlichen Hintergrund, ohne das soziale Feld. Doch bei alldem meint dieser Begriff die Möglichkeit, dass jeder seine Kunst machen kann – so wie er es für richtig hält.

Autonomiestreben verhindert Gemeinsamkeit keineswegs. Demokratische Kollektive haben Künstler schon im 18. Jahrhundert gegründet, die Engländer waren da Vorreiter. 1735 übrigens im Kulturkampf Insel gegen Kontinent, ein Vorläufer heutiger Debatten bereits am Beginn der Moderne. Und seitdem suchten unzählige Gruppen, Vereine, Kommunen usw. ihren kollektiven Sinn im Rahmen des modernen Kunstbegriffs. Kollektive galt es aber in der Geschichte oft auch zu überwinden, wenn sie diktatorisch auftraten.

„Partizipative Kunst“ wiederum meint im Fachjargon alles, was seit 1919 (als Duchamp seine Schwester einspannte, um ein Werk zu entwickeln) das Publikum einbezieht. Die Beispiele sind Legion, hier nur zwei: Joseph Beuys hat zu dem Thema gerade in Kassel seine Spuren hinterlassen. Und Gunter Demnig spannt aktuell weiter sein europaweites Netz unter Beteiligung tausender Menschen auf, die damit ihre kulturelle Identität entwickeln. Aber auch er ist ein individueller Künstler, mit Hut.

Die Künstler*innen aus dem globalen Süden, denen meine Solidarität gilt, haben die Chance, den modernen Kunstbegriff in ihrem Sinne zu entwickeln und zu verändern. Dabei wird dieses Paradigma auch ihre Kunst verändern, richtig. Gerade das kann zu etwas Gutem führen. Schließlich geht es ja um den Dialog der Kulturen, jedenfalls sollte es das.

Aber leider: Das meiste, was ich zum kuratorischen Selbstverständnis der documenta gelesen habe, führt in Sackgassen. So wie Noemi Smoliks Beitrag. Und das ist nicht lustig.

Faszinierendes Fast-Nichts

Dieser Blog ist textlastig. Bilder, die für sich sprechen, kommen auf artigart zwar vor, doch sie sind die Ausnahme. Das wird auch so bleiben, denn hier geht es vor allem um Fragen an die Kunst, das Vergewissern, das Gespräch, ja – und auch um die Lust am Schreiben.

Also Sprache. Jedoch soll nie vergessen sein, dass ein Bild nicht durch einen Text vollständig erklärt, übersetzt, ersetzt werden kann. Na, wer will das schon? Der Vorwurf, die Bilder hinter verbalen Wissenskonstruktionen verschwinden zu lassen, ist den Disziplinen, die sich mit Kunst befassen, allerdings oft gemacht worden, allen voran der Kunstgeschichte und der Kunstphilosphie. Und sicher zu Recht.

Angesichts eines Bildes können wir in und mit günstigen Augenblicken erleben, wie ergreifend das Visuelle sein kann, wie vor jeder Erklärung das Bild in seiner nicht sprachlichen Präsenz wirkt. Wie ein Rätsel bleibt. Sich diesem Erleben zu öffnen, bevor die Seh-Konventionen, die Wissens-Konnotationen und damit das Übersetzen des Visuellen in Begriffe losgehen, ist nicht leicht. Vielleicht hilft eine gewisse Übung.

Vielleicht. Die menschliche Sinneswahrnehmung funktioniert nicht ohne Imagination. Unbewusst spielen in jedem Augenblick metaphorische Konzepte der Welterkenntnis eine Rolle. Unschuldiges Sehen wäre demnach unmöglich.

Darauf setzen die medialen Bilder, die uns täglich umgeben, deren immerwährende Bewegung schon lange als Flut, als Überflutung beschrieben wird. Sie sollen triggern, ganz bestimmte Vorurteile aufrufen. Sie funktionieren in einem sprachlichen Rahmen, in dem das rein Visuelle verschwindet. Darauf reagiert die bekannte künstlerische Strategie, Klischees zu verfremden, um das urspüngliche Bild wieder sichtbar zu machen.

Es gibt Bilder oder Bildbereiche, die für den Markt der Medien nicht taugen: Die leere Fläche ist bei diesem Spiel nicht brauchbar, wie eine ungenutzte Werbetafel.  Vergeudetes Material. In der Kunst allerdings funktioniert das Nichts oder das Fast-Nichts. Ein frühes Beispiel: In der Verkündigungsszene von Fra Angelico (Fresco in San Marco, Florenz, 1441) ist die leere Wand, die das Bildzentrum zwischen den Figuren genauso ausfüllt wie offen lässt, eine Projektionsfläche für die Imagination des Betrachters, ein visuelles Ereignis, das nichts festlegt. Springen wir in die Moderne, finden wir Leinwände mit raren Markierungen, delikate abstrakte Szenen, oft inspiriert von ostasiatischen Vorbildern. Nebenbei: Auch in der Plastik spielt der Gegensatz von leerem Raum und Materie eine Rolle, so bei Chillida, der die Dynamik der Grenze sinnfällig machte.

Oder gleich monochrome Tafeln: Dass aber solche visuell radikal reduzierten Bilder in ihrem Sehangebot zu beliebig, offen zum Gebrauch für jegliche Interpretation sind, ist ein richtiger Einwand. Weiße, schwarze oder andersfarbige Quadrate haben ihre Wirkung erschöpft. Ihr Ornament bietet kein Rätsel mehr.

Das weiße Blatt ist für den Schreiber wie für den Zeichner die Chance und die Herausforderung, Neuland zu betreten, den ersten Buchstaben, den ersten Strich zu setzen. In dem Moment beginnt das Bild, und die Spannung zwischen den Markierungen, der leere Raum im Feld der Zeichnung, also das Fast-Nichts, bleibt weiter spannend. Es vibriert zwischen den Rändern und nur mit ihnen. Wer offen ist  für das Visuelle, findet für seine Übung hier einen Ausgangspunkt. Vielleicht.

Ölpastell auf Papier

Es geht nicht darum, Bilder mit opulenter Fülle, durchgearbeitete Flächen, das Spiel mit allen Registern abzuwerten. Im Gegenteil: Damit das Visuelle seine Feste feiern kann, müssen die Grenzen des allzu schnellen Begreifens und Wissens erst recht aufgehoben werden. Die Offenheit des Fast-Nichts, als Vermögen im Hintergrund des Betrachtens, erleichtert einen Zugang auch hier. 

Auf zum nächsten Turn

Eines der äußerst seltenen Fotos vom affective turn, kurz nach dem Paradigmenwechsel

Zu einer Mode hat es sich in den Wissenschaften entwickelt, alle paar Jahre eine Wende, wenn nicht gar eine Kehrtwende auszurufen. Meist wird das, im üblichen Jargon, englisch als Turn bezeichnet. Die „ikonische Wende“ beispielsweise war, bereits in den 1990er Jahren, eine Emanzipation von den abstrakten Begriffen, eine Aufwertung der konkreten Bilder in Kunst und Alltagskultur. Ein durchaus sinnvoller Perspektivenwechsel also.

Ohne Anstrengung habe ich flott ein Dutzend solcher Turns gesammelt: Mittlerweile gibt es den affective turn, den cultural turn, die emotional, iconic, imagic, linguistic, material, pictorial, spatial, topographical, topological turns und schließlich den visualistic turn. Hinweise auf weitere nehme ich gerne entgegen. Kaum zu glauben, dass sich das Denken und Forschen so schnell drehen kann. Ohne dass einem auf diesem Karrussel schwindlig wird.

Mir liegt nicht an einer Polemik gegen die Erneuerungsfähigkeit der Wissenschaften, doch diese ist nun gar nicht neu. Lesen wir Montaigne, schauen wir auf die Romantiker oder blättern gleich bei Goethe, nicht zu vergessen Nietzsche, Marx, Einstein… Jeder mag noch seinen, ihren Kometen beisteuern. Warum also diese ständig gewendeten Wendungen? It’s marketing, my dear.

„There is a season turn, turn, turn“ heißt es im Evergreen von Pete Seeger: Das könnte die Hymne des Turnvereins sein,  und Gründervater wäre Thomas S. Kuhn – sein Begriff des Paradigmenwechsels aus seinem Klassiker „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“ ist ja mittlerweile Folklore und steht in Verdacht, schuld an dieser Mode zu sein.

Gerade die Erforschung der Künste ist von den Turns betroffen, in der Affektpoetik (emotianal turn) zum Beispiel und generell mit den cultural studies, den wichtigen ethno-, anthropo- und sozio-logischen Horizonterweiterungen.

Wenn es nicht beim Looping bleibt, der nach 360 Grad wieder am Ausgangspunkt ankommt, dann geht’s mit Hilfe der Turns durchaus voran: Die Spirale ist das sprechende Bild dafür, nicht der Kreis – der endet wie der hermeneutische Zirkel. Nebenbei eine neue Perspektive auf Tatlins Turm, vielleicht. Auf jeden Fall Kunstflug ohne Lärm und Abgase.

Die Anstrengungen der Wissenschaft, ihr Denkvermögen so zu plakatieren, können Künstler*innen durchaus belächeln. Von der Sache her kann es sie nicht überraschen. Gute Kunst war immer auch das Ergebnis von unabhängigem Praxis-Denken. Turns gehören da zum Prozess. Und hier ist dann der oft zitierte Satz eines Künstlers, von Francis Picabia, tatsächlich einmal passend: „Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann.“

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Zugabe

Klammheimliche Selbstzensur

Abgerüstet in Kassel

Der Skandal in Kassel, der gerade die Republik bewegt, ist kein Kunstskandal. Hier geht es um Propaganda, nicht um Kunst. Und gerade das ist für eine Weltkunstschau wie die documenta nicht gut. Unabhängig davon, ob die Politbilder antisemitisch sind. Das kommt hier verschärfend dazu. Viele Kommentatoren, Kritiker und Politiker melden sich nun zu Wort, doch leider nur wenige, zu wenige Künstler:innen.

Taring Padi, die indonesische Aktivistengruppe, hat sich für ihren „Fehler“ entschuldigt. Die antisemitischen Stereotypen auf ihrem Riesenwimmelbild hätten „im historischen Kontext Deutschlands eine spezifische Bedeutung bekommen“, leider unvorhersehbar. Deswegen habe man das Banner von seinem Gerüst in der Kasseler Karlsaue entfernt.

Das ergibt keinen Sinn, wie so manches, was die Gruppe verlautbaren lässt. Nicht erst im neuen Kontext sind die Klischeefiguren mit Judenstern, Haifischzähnen, Schläfenlocken und Schweinsnasen judenfeindlich, sondern in jedem Kontext. Das ganze Werk ist eine Schwarzweißmalerei im Stil von Agitprop: Oben sitzt das richtende Volk, links sind die Bösen (einschließlich der Juden), rechts die Guten. Das ist hier schon das Maximum an Differenzierung. Damit lässt sich einer Diskussion um globale Ungleichheit und Machtmissbrauch keine erkenntnisfördernde Visualisierung an die Seite stellen.

Wie dieses Skandalbild auf die documenta kam, ist ein Krimi für sich. Der Tathergang ist noch nicht ermittelt, viele Fragen sind noch offen. Niemand will, trotz einschlägiger Warnungen, vorher etwas gewusst haben. Dabei ist das riesige Bild 20 Jahre alt und war seitdem laut Taring Padi  an vielen Orten der Welt zu sehen. Und niemand hat hingeschaut? Wenigstens das indonesische Kuratorenkollektiv der documenta, Ruangrupa, muss es doch gekannt haben, sonst hätte es allerdings den Nachweis seiner Unfähigkeit erbracht.

Bei der Vorbesichtigung der Kunstschau war das Banner noch nicht zu sehen, es müsse noch repariert werden, und dann war es plötzlich da und es gab einen Aufschrei, nein: Es begann ein Schreikonzert mit vielen Zugaben.

Es ist aber nicht das einzige Taring-Padi-Bild, das aus dem Verkehr gezogen wurde. Bis vor wenigen Tagen war im Internet eine schwarz-weiße Zeichnung der Gruppe zu sehen, die ebenfalls sehr simple Stereotypen verwendet: Die Idee universeller Menschenrechte wird als westliche Killer-Ideologie verspottet; ein bewaffneter Soldat geht unter ihrem Banner über Leichen. Die Opfer sind die armen Einwohner des „globalen Südens“. Das Bild ist nun aus dem Netz verschwunden, ein Akt freiwilliger Selbstzensur?

Nachvollziehbar wäre das, denn ein weiterer Beleg für die unbekümmerte Arbeitsweise der Haudraufs kann ihnen jetzt nicht gelegen kommen. Ihr Argument nämlich, diese Karikaturen seien nur im spezifischen Zusammenhang indonesischer Politik und Kultur zu verstehen, wird damit widerlegt. Die antisemitischen und antihumanistischen Klischees sind keine einheimische Folklore, sie stammen aus der globalisierten Bilderwelt. Ein Künstler hätte sie befragt, demontiert, entlarvt und nicht naiv übernommen.

Kunst darf selbstverständlich politisch sein, und es gibt viel gute politische Kunst. Auch Karikaturen können und sollten gut und witzig sein. Aber, und hier zitiere ich gerne den bekannten Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck: „Kunst sollte nicht >in Dienst< genommen werden. Denn sie stellt einen Raum jenseits des oberflächlich Sichtbaren und jenseits der Interpretation her; Kunst ist die Kontingenz der Form (…), und damit auch der gesellschaftlichen Möglichkeiten. In ihr können Emotionen, Erlebnisse ebenso wie Erkenntnisse und Träume Platz finden.“ Und dabei geht es Kaleck um das Sichtbarmachen des Möglichen durch Kunst auch im politischen Kampf um Menschenrechte. Das ist eine völlig andere Kategorie als das bildliche Schnellfeuer, das nun die documenta um ihren Ruf bringt.

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Bildbetrachtung

Acht Sterne

Dmitri Reznikow in Aktion

Die Zeichnung zeigt acht schwarze Sterne auf weißem Grund; das Papierformat entspricht ungefähr DIN-A-3. Jeder Stern besteht aus vier Linien – vertikal, horizontal, zwei Mal diagonal; die Strecken schneiden sich im Mittelpunkt. Eine einfache grafische Grundform, aus freier Hand ohne Rücksicht auf geometrische Exaktheit gezeichnet. Drei Sterne in der oberen, fünf in der unteren Reihe. Ein junger Mann, dessen Gesicht frappierend an Franz Kafka erinnert, hält das Blatt vor der Brust, er zeigt es im öffentlichen Raum in Moskau. Hinter ihm nähert sich ein Uniformierter, der seine Arme bereits zum Zugreifen bereit zu machen scheint. Er blickt den unbekannten Fotografen dieser Szene vom 13. März 2022 an.

Ist die Zeichnung ein Werk konkreter Kunst? Der Schöpfer dieses einfachen Bilds hatte weniger einen ästhetischen als einen ethisch-kommunikativen Anspruch; die Abstraktion diente ihm für eine verschlüsselte Botschaft. Sterne als Auslassungszeichen, als Platzhalter für drei und fünf Buchstaben: нет война́.

„Nein zum Krieg“ meinen übersetzt die beiden Worte. Das Foto wurde in verschiedenen Medien wiedergegeben mit der Information, dass Dmitri Reznikow, der Akteur auf dem Foto, verhaftet und zu 50 000 Rubel (700 Euro) Geldstrafe verurteilt wurde, weil sein Sterne-Symbol von der Staatsmacht als verbotener Protest gegen den Krieg in der Ukraine interpretiert wurde.

„Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet“, der legendäre erste Satz in Kafkas „Der Prozess“. Warum darf der junge Mann nicht ein Blatt mit acht Sternen auf der Straße zeigen? нет война́ ist verboten, denn nach offizieller Lesart gibt es keinen Krieg, und der Protest gegen den Überfall ist ebenfalls untersagt. Also greift der Zeichner zu einer List, dadurch wird das simple Protestplakat zur symbolischen Zeichnung. Der Betrachter darf rätseln, was sie zu bedeuten hat. Die Sterne können für нет война́ stehen oder auch nicht, keine Version lässt sich anhand des Artefakts an sich beweisen.

Ob Kunst politisch verstanden wird und eine kritische Kraft entfaltet, entscheidet sich immer mit Blick auf den Kontext, so auch hier (selbst wenn das Bild nicht als Kunstwerk gedacht war). Die Moskauer Obrigkeit sah diesen Kontext, sie urteilte und verurteilte in diesem Sinne und ließ die Grauzone des nicht Beweisbaren, also den Zweifel zugunsten des Angeklagten, nicht gelten. 87,50 Euro pro Stern.

Es ist nicht überliefert, ob der Demonstrant seine Absicht zugegeben hat. Das spielte auch keine Rolle für seine Verhaftung. Die Polizei interpretierte schnell. So mutig Dmitri Reznikow war, so blamabel endete die Aktion für die Autokratie: In Russland darf man keine acht Sterne zeigen, diese Botschaft ging um die Welt. 

Was würde geschehen, wenn in Moskau Repliken von Kasimir Malewitschs „Schwarzem Quadrat“ gezeigt würden, als Symbol für den Zustand der Demokratie und der Menschlichkeit in Russland? „Roskomnadsor“, die russische Zensurbehörde und Kommunikationsaufsicht, lese ich bei Wikipedia, warnte bereits ausdrücklich vor der Verwendung von Symbolen, die „doppeldeutig“ sein könnten, zum Beispiel schwarzen Quadraten. Das Motiv wurde schon beim „Euromaidan“ in Kiew als Zeichen von Protest und Widerstand genutzt. Wie hoch der Straftarif in diesem Fall wäre, wird nicht berichtet. Und in der Tretjakow-Galerie soll das Original, das nunmehr gefährlichste Werk des Suprematismus, immer noch zu sehen sein.

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Fragmente

Schönheit spart Kraft

Etwas Schönes zu sehen oder sich vorzustellen, das bedeutet gleichzeitig eine „Kraftersparnis des Denkens“. Davon war Georg Simmel überzeugt. Der Philosoph und Soziologe veröffentlichte 1896 seinen Text zur „soziologischen Ästhetik“, in dem er die Anziehungskraft des Schönen auch so beschrieb: „das Abrollen einer maximalen Anzahl von Vorstellungen mit einem Minimum von Anstrengungen“.

Anstrengend dagegen das Chaotische, Hässliche, Unsymmetrische. Wahre Kraftvergeudung. Ist die Schöne Kunst daher etwas fürs Gemüt der Gemütlichen? Für Denkfaule gar? Kuriose Thesen. Sie erinnern mich an Lu Märtens Aussage in ihrem Buch „Die Künstlerin“, „freie Arbeit, Denken, Assoziieren, Schauen“ erfordere „äußere Faulheit“ (siehe Lob der Faulheit in diesem Blog). Wohlgemerkt äußere, was bei Märten die Befreiung von der Fron der Erwerbsarbeit bedeutete, die Gelegenheit zur Muße, die wiederum als eine durchaus tätige gedacht war.

Als faule Künstler galten seinerzeit einigen Kommentatoren Yoko Ono und John Lennon, die sich für Kunstperformances einfach ins Bett legten. Ihre Bed-Ins in Amsterdam und Montreal waren friedliche Aktionen gegen den Vietnam-Krieg. Der Publicity-Erfolg zeigte, dass die Verweigerung von Betriebsamkeit und Leistung als Skandal funktionierte.

Faulheit als Programm irritiert. Geht es aber nicht eher um die zitierte Muße? Produktive Zeit für die Kunst ist Freiheit, aber keine Freizeit. Den Wert der Muße haben natürlich auch die Profiteure längst erkannt und begonnen, ein Geschäft daraus zu machen. Selbstoptimierung, Fitmachen für den Job – das verwertet die Muße, und schon mit der Ratgeberliteratur dazu lässt sich Geld verdienen. Nix mit Freiheit.

Was also soll der Künstler, der weder fremd bestimmt noch faul sein will, dazu sagen? Joseph Beuys ernährte sich ja bekanntlich durch Kraftvergeudung, wie er verkündete. „Müßiggang“ ist auch ein interessanter Begriff an dieser Stelle. Es steckt Muße darin, aber auch Bewegung. Eine aktuelle Ausstellung in der Withechapel Gallery zu London, Titel „A Century of The Artist’s Studio“, beschäftigt sich mit dem Atelier als Ort der Kunstproduktion, und einem Pressebericht zufolge geht es dabei auch um „Müßiggang“, um das Atelier als Spielfeld für Blödsinn und Schabernack.

Was dabei herauskommt, muss nicht schön sein. Doch dem „Abrollen einer maximalen Anzahl von Vorstellungen mit einem Minimum von Anstrengungen“ kommt es sicher sehr nahe.

Met, das rote Buch

Mark Met: Kasper, Collage aus Kohle- und Farbstift-Zeichnungen, 20 x 20 cm

Der Teufel wirkt gar nicht so unsympathisch. Endlich sehen wir auch mal seinen Hinterkopf, die markante Frisur: ein Mittelscheitel bis in den Nacken. Symmetrie mit Hörnern. Dagegen möchte ich dem Kasper nicht im Dunkeln begegnen: Er erscheint unheimlich und rätselhaft. Das Lächeln falsch, falls er nicht gleich grimmig dreinschaut. Es geht um die Köpfe der bekannten Spielfiguren fürs Kindertheater, diese bunt bemalten Klischees aus Plastik. Mark Met hat sie vielfach gezeichnet mit Kohle, farbigen Stiften und Kreiden. Der in Windeck lebende Künstler ist seit vielen Jahren fasziniert von solchen und anderen Fantasie-Figuren, deren Charaktermöglichkeiten er zeichnerisch auslotet. Prinzessin trifft Spiderman – Met zeigt Szenen aus bisher ungeschriebenen Geschichten.

Es gibt mindestens noch zwei andere Motivreihen, die er in den letzten Jahren intensiv bearbeitet hat:  in Holz geschnitzte Repliken von Kultfiguren aus ehemaligen Kolonien für den Tourismus-Markt, die der Zeichner in einer deutschen Privatsammlung fand, und Bilder von Affen. Eine Kombination, die in aktuellen Debatten vielleicht heikel wirken könnte, doch steckt dahinter kein auf- oder abwertender Vergleich zwischen den Abstraktionen menschlicher Figur und den evolutionsgeschichtlichen Verwandten des Homo sapiens. Es geht, wie bei den erwähnten Spielzeugfiguren, um das Rätsel einer bildlichen Verwandtschaft, um das Wiedererkennen oder Fremdsein angesichts des Ähnlichen. Es sind Charakterfiktionen, die Met aus ihren Klischees löst und verwandelt.

Met, der als Performer auch schon im Gorilla-Kostüm auftrat, zeichnet mit Ernst und Humor. Seine Szenen sind hintergründig, oft witzig, gerade in den Kombinationen der Motive. Mal sind die Figuren detailliert geschildet, mal freier notiert. Überblendungen und die Auflösung in freie Lineaturen verwendet er ebenso wie in jüngster Zeit die Collagetechnik. Die bringt noch einmal einen Schub an faszinierenden Bildvarianten. Und all das ist schön zu sehen beim Durchblättern des neuen Künstlerbuchs „Met. Climate of Hunger“, das zweite in dieser Art nach „Pongo“ im vorigen Jahr. 100 Zeichnungen hat Met in dem rot eingebundenen Werk, Auflage 50 Exemplare, versammelt. In dieser schön komponierten Abfolge steckt eine Fülle von Ansichten, Anregungen und Überraschungen.

Mark Met: o.T. (Masken auf Prinzessin), Collage aus Kohle- und Farbstift-Zeichnungen, 20 x 20 cm

AugenBlick

zur Ästhetik der Überflussgesellschaft
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Kunst-Simulationen

Heimliche Helfer

Der Schachtürke und sein Meister. Quelle: wiki commons

Das treffende sprechende Bild für „Künstliche Intelligenz“ ist schon ziemlich alt. Der Kupferstich von Joseph Racknitz oben stammt  von 1789 und zeigt den „Schachtürken“, ein kompliziertes und lustig gestaltetes mechanisches Wunderwerk, 1769 von dem österreichisch-ungarischen Hofbeamten Wolfgang von Kempelen erfunden und gebaut. Er verblüffte damit vergnügungssüchtige Fürst*innen, die glaubten, der Apparat könne tatsächlich selbstständig Schach spielen. Doch nicht die Türkenpuppe mit ihren Zahnrädern gewann die Partien. In Wahrheit war ein im Kasten verborgener Mensch der überlegene Spieler.

Die Analogie zum Computer ist schnell erklärt: Die Superrechenmaschine wird heute immer wieder und gerne als weitgehend selbstständiger Akteur präsentiert und vermarktet. Als Künstler gar, der seine menschlichen Konkurrenten in den Schatten stellt. Dabei sitzen auch in diesem Kasten verborgene Menschen. Bislang kann kein noch so leistungsfähiger und teurer Computer mehr als das, was ein Programmierer ihm eingegeben hat. Auch wenn die Algorithmen mittlerweile so kompliziert sind, das selbst die Ingenieure nicht mehr erklären können, wie ein Ergebnis zustande gekommen ist – auch das ist so programmiert.  „Wenn wir es nicht mehr verstehen, nennen wir es künstliche Intelligenz“, lautet ein Szene-Witz.

Das erinnert stark an den klassischen Genie-Gedanken. Auch der bezog seine Überzeugungskraft, zumindest in der populären Variante, aus dem Unerklärlichen: Wie konnte der Schöpfer, der Dichter oder Maler, so etwas Überwältigendes gestalten? Es musste göttliche Eingebung sein, oder das Genie selbst war göttlich. Die Neuauflage des Geniekults ist der KI-Kult.

Aber auch der ist zu durchschauen. Die Versprechungen der Computer-Industrie, dass ihre Erzeugnisse bald die menschliche Intelligenz und Kreativität überflügeln werden, haben der Branche zu satten Forschungsgeldern verholfen. Das führte unter anderem dazu, dass zeitweise ungefähr 40 Prozent der europäischen KI-Start-ups in Wahrheit nichts mit „Künstlicher Intelligenz“ zu tun hatten, sondern lediglich über dieses Label Zuschüsse einstrichen, schreibt der Mathematik-Philosoph Stefan Buijsman („Ada und die Algorithmen“, S. 11).  Nachdem die KI-Versprechungen deutlich hinter der Realität zurückblieben, versiegten Geldquellen. Aber dann und vielleicht gerade deshalb kam die Kunst ins Spiel. Der Computer als Künstler generierte wieder Schlagzeilen. Kunstmarktakteure schafften es, für „KI-Kunst“-Produkte Käufer zu finden, die richtig viel Geld bezahlten. Mittlerweile bezeichnen selbst seriöse Kunst-Fachzeitschriften diese Simulationen als Kunst.

Da ist er wieder, der „Schachtürke“.  So wie weiland von Kempelen mit seinem Kasten von Residenz zu Residenz zog, um den Potentaten Geld aus der Tasche zu ziehen, veranstaltet heute die KI-Kunst ihre eigene Kirmes. Und der heimliche Spieler ist der Programmierer. Er darf nicht erkannt werden, denn der Computer muss der Schöpfer sein, das elektronische Genie.  

Der Künstler verbirgt sich hinter dem Werkzeug. Aber auch, wenn er das nicht tut und – wie mittlerweile einige Akteure – den Computer als Instrument nutzt so wie Pinsel und Meißel, auch dann sind nicht alle Mitspieler zu sehen. Es gibt nicht nur einen, sondern viele verborgene Programmierer, die „KI“ überhaupt erst einsatzfähig machen. Die Algorithmen oder die selbstlernenden neuronalen Netze, die in riesigen Datenmengen Muster erkennen sollen, müssen diese Datenmengen ersteinmal haben. Das besorgt die Schattenarmee der Clickworker, Menschen, die für einen lächerlichen Lohn in Heimarbeit die Infos eingeben. Das machen Hausfrauen, Arbeitslose und andere Prekäre in aller Welt. Sie müssen sich bloß  im Internet bei entsprechenden Portalen einloggen. Unternehmen, die solche Jobs anbieten, können sich auf Crowd-sourcing-Seiten präsentieren, zum Beispiel der von amazon. Der Konzern nennt diesen Marktplatz bzw. den dort verdingten Arbeiter sinnreich „Mechanical Turk“.

„mturk.com“ ist die gelebte Selbstironie der KI-Akteure. Der Mechaniker von Kempelen stand gleichsam für die gute alte Geisterbahn, amazon beamt seine Idee in die Hypersphere. Die globale Kunstwerkstatt der Clickworker bleibt anonym und ungesehen. Trotz ihres Einsatzes aber, trotz immer größerer Datenmengen kann sich bisher kein Computer eigene Regeln setzen und diese bei Bedarf durchbrechen, was zur Kunst nun einmal gehört. Seine Werke sind Imitationen. KI-Kunst ist getürkt.

Zart und geistreich

Heinrich Küpper, o.T., Bleistift und Pastellkreide, 20 x 29,5 cm; aus einem Künstlerbuch-Unikat 2000-2003

Ein ungeheures graues Spinnennetz ist da entstanden, ein schier unendliches Gewebe, gezeichnet in dunklem Selbstvergessen – gleichsam mit eingeschlummerter Seele, aber mit großem Scharfsinn. Eine kolossale Kritzelei, diese Million Striche und Strichelchen, zart und geistreich oder fest und markig. Alles Gegenständliche ist hinausgeworfen. Diese fleißigen Schraffierungen sind Schraffierungen an sich, in der vollkommenen Freiheit des Schönen schwebend.

Diese Sätze verwendete Gottfried Keller in seinem Roman „Der grüne Heinrich“, um den Erzähler sowie die Figur des Malers Erikson ein sie irritierendes Bild schildern zu lassen, das die Hauptfigur Heinrich Lee gezeichnet hatte. Die Diagnose am Ende lautet „Abstraktion!“. Und das ist in dem Text von 1854/55, in der ersten Fassung des Romans also, ein vernichtendes Urteil: „Dein Gekritzel (…) zeigt mir, daß du dich übel befindest“, sagt Erikson zum „grünen Heinrich“.

Dieselben Formulierungen, rund 150 Jahre später auf die Zeichnungen von Heinrich Küpper (1919 – 2009) bezogen, zielen nun nicht mehr auf ein verdammendes Urteil. Sie passen überraschend gut zu der Arbeitsweise des Künstlers, der die „kolossale Kritzelei“ mit geübter Hand, stetiger Schaffenslust und in immer neuen Variationen betrieb. Der zufälligen Namensgleichheit des fiktiven und des realen Heinrich soll keine verborgene Bedeutung  zugeschrieben werden, aber es ist ein schöner, passender Zufall. Denn in der Arbeitsweise, der fiktiven im Roman und der realen in Küppers Werk, gibt es deutliche Parallelen. Nur die künstlerische und gesellschaftliche Bewertung dessen, was da sichtbar wurde, hat sich radikal geändert.

So befand sich Heinrich Küpper immer besonders wohl bei der zeichnerischen Arbeit, die sein Lebenselixier war. Das Erstaunliche ist indes nicht, dass sich die Ansichten über die Abstraktion bekanntermaßen gewandelt haben, sondern dass Gottfried Keller solche Bilder schon zu einer Zeit beschrieben hat, als es sie in der Kunstwirklichkeit noch gar nicht gab. Die ersten abstrakten Werke lassen sich um 1900 in der westlichen Welt ausmachen, also deutlich noch nach der zweiten Fassung des „Grünen Heinrich“ von 1879/80. Der schweizer Schriftsteller kannte freilich die Voraussagen einer abstrakten Kunst in der romantischen Literatur.

Aber solche Ideen brachten ihn in einen ernsten Konflikt, dem zwischen dem Anspruch einer damals für angemessen und schicklich gehaltenen Landschaftsmalerei und dem nicht gesellschaftsfähigen Subjektivismus einer Bildlichkeit, die sich frei machte von den tradierten Vorstellungen. Keller, der sich als Maler gescheitert sah, nahm diesen in der Kunstöffentlichkeit später wichtigen Konflikt um viele Jahre vorweg; und er ließ ihn im Roman nicht gut ausgehen.

In der ersten Fassung stirbt Heinrich Lee am Ende, unversöhnt mit sich, seiner Kunst und der Welt überhaupt. Allerdings finden sich zur „Kritzelei“ hier die geradezu liebevollen Beschreibungen, die eingangs zitiert sind – und die sich im Nachhinein als zukunftsweisend lesen lassen. Das ändert sich in der zweiten Version, dort sind das „Selbstvergessen“ und der „große Scharfsinn“ gestrichen, gerade das, was tiefer in die Antriebe für diese Arbeitsweise blickt. Stattdessen ist Heinrich Lee nun „in dem Netze gefangen“, und auch, wenn er am Ende dieser Fassung  am Leben bleiben darf: Sein kolossales Bild wird in diesem Fall von Erikson zerstört, in einem eigenmächtigen Anfall von Bildersturm.

Seine grandiose Utopie der Abstraktion war Keller offensichtlich nicht geheuer; sie bleibt aber hellsichtig. In dem, was Künstler und Schriftsteller tun, liegt eben oft mehr Sinn, als sie selbst wissen. Der Soziologe und Philosoph Pierre Bourdieu hat das in seinen Manet-Vorlesungen erhellend beschrieben: Es gibt immer einen Unterschied zwischen Intention und praktischem Sinn. Das gilt auch für das „Gekritzel“ des „grünen Heinrich“. Es verletzt etablierte künstlerische Begriffe und lässt sie hinter sich, weil das Zeichnen als körperliche Aktion sie nicht braucht. Der Körper versteht Dinge, die nicht gewußt und nicht verstanden werden, so Bourdieu, aber auch in automatischen Gesten steckt ein Gedanke – mit eingeschlummerter Seele, aber mit großem Scharfsinn.

Wer die Bilder im Auge und in der Hand hat, befindet sich nicht übel wie der arme Heinrich Lee, er darf sich glücklich schätzen – wie es Heinrich Küpper war, der seine Art des Zeichnens lächelnd, mit der Hand gestikulierend beschrieb, nie mit Worten. Er arbeitete so in einer Zeit, in der die Abstraktion sich in Europa durchgesetzt hatte. Allerdings interessierte er sich kaum für diesen sehr weiten Begriff. Seine faszinierenden Werke entstanden ohne erklärte Theorie, in innerer Freiheit und aus tiefer Freude am Machen und Schauen auf diese Million Striche und Strichelchen, zart und geistreich oder fest und markig.

Heinrich Küpper, o.T., Bleistift und Pastellkreide, 20 x 29,5 cm; aus einem Künstlerbuch-Unikat 2000-2003

Der Bilderfinder

62. Arbeit 2018, Acryl auf MDF, 40 x 30 cm. Foto: Wolfgang Grümer

Jedesmal, wenn ich Hans Delfosse in seinem Atelier besuche, hängen neue Bilder an der Wand, die in den Tagen davor entstanden sind. Sein Werkprozess kennt keine längere Unterbrechung. Auf einem der großen Tische liegen bereits die nächsten angefangenen Arbeiten: Erste Aquarell-Linien sind auf dem Blatt zu sehen, eine Grundlage für eine gewebeartige Struktur aus vertikalen, horizontalen und diagonalen Parallelen. Wenn diese Strichlage getrocknet ist, folgt mindestens eine weitere. Die Lasuren entwickeln sich zu den am Ende gültigen Farbtönen, die Geraden ergeben die hellen und dunklen Flächen, die in sich differenzierte Gesamtform – ein Stoff, der genauso präsent wie rätselhaft ist, der zum geduldigen Sicheinsehen einlädt in Komplexität und Nuancen.

Der Künstler experimentiert konsequent mit den Möglichkeiten der Techniken – neben dem Aquarell vor allem Acrylmalerei und Papiercollage – und des Materials – außer Aquarellpapieren nimmt er zum Beispiel Hartfaser, MDF und OSB als Malgründe – und findet dadurch überraschende neue Ergebnisse.  Dieselbe Zeichentechnik und Bildstruktur kann auf der rauen OSB-Spanplatte einen vollkommen anderen Charakter annehmen als auf dem Büttenpapier.

Die Flächen können aber auch vollkommen mit feinen Schraffuren in wechselnden Richtungen oder mit Feldern von Punkten bedeckt sein. Jeder neue Parameter potenziert die Zahl der möglichen Kombinationen und Varianten.

Wenn er Blätter zuerst mit organischen Formen bemalt oder bereits bedruckte Papiere – Abbildungen seiner Arbeiten aus Katalogen z.B. – benutzt und dann sein strenges Linienraster darüberlegt, ergibt sich eine spannende Dissonanz der Schichten, etwa zwischen einem eher informellen und dem geometrischen Teil.  

Eine andere Variante des Eingriffs in das Gewebe ist die darübergelegte Linie, die Felder abgrenzt und Richtungen markiert. So entsteht eine weitere Bildebene, die die Regelmäßigkeit der Parallelen durchbricht. Allerdings ist diese Regelmäßigkeit ohnehin relativ: In den Allover-Strukturen wimmelt es von subtilen Abweichungen, das Raster scheint geradezu seinen eigentlich Sinn als Ausgangspunkt für Unregelmäßigkeiten zu haben. Die Acrylarbeiten auf glattem Chromoluxkarton zeigen das deutlich: Hier wird die Farbe nach dem Auftrag mit einem harten Gegenstand in Linien wieder abgenommen. Es entstehen Unschärfen in dem noch zähflüssigen Acryl, schwimmende Ränder und verschiedene Farbstärken.

Einer kunsthistorischen Einsicht über die freie Abstraktion zufolge entstehen nichtgegenständliche Bilder durch originelle Arbeitsverfahren, durch die Erfindung  einer Methode. Die scheinbar einfachste Variante wäre das monochrome Farbfeld. Dann käme die Farbfeldmalerei, die gestische Abstraktion und so fort. Hans Delfosse setzt auf Verfahren, die, wie beschrieben, zu reich differenzierten Bildern führen, indes ist er bei einer einzigen Methode nicht stehen geblieben: Er hat das Methoden-Erfinden selbst zum Verfahren gemacht.

So hat er Techniken der Radierung umfunktioniert: Seine „Ritzzeichnungen“ entstanden mittels Radiergriffel auf schwarz eingefärbten Papieren. Diese Zeichnungen, bzw. Drucke davon,  tauchen heute in Collagen wieder auf. In die neuen Kombinationen seiner feinen Linienstrukturen setzt er frei gestellte schwarze Linien, ebenfalls mit dem Messer ausgeschnitten und teilweise wie in einer Intarsienarbeit eingelegt.

Noch ganz andere kompositorische Möglichkeiten eröffnet der Leporello. Die gefalteten Zeichnungen lassen sich zu – teilweise über fünf Meter langen – Großformaten oder nur in Teilen entfalten. Daraus ergibt sich eine Fülle von Varianten. Hier wird das Bedürfnis des unermüdlichen Bildererfinders wohl besonders deutlich, dem künstlerischen Prozess immer neue Wege zu weisen. (Siehe dazu das Kapitel „Entfaltete Bilder“ in diesem Blog.)

Die Ideen kommen beim Machen. Das Problem für Hans Delfosse ist nicht, dass die künstlerische Imagination ein knappes Gut ist. Seine methodische Abstraktion folgt seinem Wissen, seinem handwerklichen Können, seiner Reaktionsfähigkeit im Dialog mit dem Material und nicht zuletzt seiner bildnerischen Neugier. Eine nichtgegenständliche Malerei und Grafik, längst befreit von der Aufgabe, metaphysische Bedeutungen transportieren zu müssen, kann gleichwohl viel bedeuten: Aktualisierte schöpferische Freiheit etwa, und ein erfülltes ästhetisches Glücksversprechen für den Macher wie den Betrachter gleichermaßen.

Ist ein Werk fertig, der Künstler vom Ergebnis überzeugt, verdrängt es ein früher entstandenes von seinem Platz an der Atelierwand. Ein Bild enthält die Impulse für das nächste – auf dem Arbeitstisch kann das Bilder-Finden/ Bild-Erfinden also weitergehen.

hans-delfosse.de

(Die Ausstellung „Hans Delfosse: Malerei, Papierarbeiten, Leporellos“ im Museum Burg Wissem in Troisdorf endet am 1. Mai mit einer Künstlerführung um 15 Uhr.)

78. Arbeit 2017, Acryl auf Chromoluxkarton, 109 x 78 cm. Foto: Wolfgang Grümer

Keine Angst vor Nylonstrippen

Wer einmal die Aufgabe hatte, Bilder an die Wand zu bringen mittels Nylonschnüren, die von Metallschienen unter der Decke baumeln, der kennt seitdem diverse Flüche. Die Haken an den Strippen auf die richtige Höhe zu bringen, die Schnüre in gerade Linien zu zwingen, das ist schon eine Kunst für sich. Wehe, die präsentierten Objekte sind zu leicht, dann zeigen die Kunststoffseile so richtig ihr Eigenleben.  Und ist die schwierige Arbeit endlich vollbracht, sieht das Ergebnis – bescheiden aus. Inhaber von Ausstellungsräumen, die vor nichts mehr Angst haben als vor Nägeln und damit Löchlein in ihren weißen Wänden, sind die natürlichen Feinde der Künstler respektive ihrer Helfer, die den Auftritt zu gestalten haben.

Ilse Wegmann ist mit diesem Problem jetzt beispiellos kreativ umgegangen. Anlässlich ihres 80. Geburtstags hat sie eine exzellente Ausstellung im „Kunstraum Bad Honnef“ inszeniert. Die Nylons sind dort besonders dick und widerspenstig, falls mal jemand sein Klavier aufhängen will. Ausweglos? Nicht für die Künstlerin, die die lästigen Schnüre kurzerhand in ihre Werke einbaute. Was sich sonst störend ins Bild drängt, ist jetzt entschiedener Teil des Bildes, siehe Foto.

Das Ergebnis des so intelligenten wie frechen Coups ist überzeugend und witzig. Keine Verlegenheitslösung: Das Zurschaustellen des Materials und seiner Eigendynamik passt perfekt zu der Aussage der Objekte, die im Wesentlichen aus zerrissenen Bildern und leeren Rahmen bestehen. Ilse Wegmann hat für diesen Anlass die Leinwände in Streifen zerlegt, die sie 2014 in diesem Kunstraum unter dem Titel „Stummfilm“ gezeigt hatte. „Inzwischen ist dieses Thema abgearbeitet, nicht mehr relevant,“ sagt sie, es sei also an der Zeit, „mich von einigem Ballast zu befreien.“ Die Aktion des munteren Streifenreissens fand Ende 2021 im Bonner Kunstmuseum statt, unter Beteiligung des Publikums.

Nun hängen die Stoffteile aus den Rahmen oder auf Kleiderbügeln. Die Künstlerin hat spielerisch verschiedene Varianten entwickelt, und das Ergebnis ist sehenswert. Der Titel der Schau lautet treffend „Film/Riss“. Aus Ballast lässt sich was machen.

kunstraum-badhonnef.de (bis 30. Januar)

AugenBlick

50°48’50“ Nord, 7°35’33“ Ost, 150 Meter über Normalnull

„947-5“ könnte auch „Bankraub“ heißen

Einen Tiefpunkt des Jahres 2021 in der bundesdeutschen Hochkunst gilt es zum Jahresende noch zu vermerken: Gerhard Richters abstrakter Bildzyklus mit dem Titel „Birkenau“ war unlängst wieder in den Schlagzeilen. Die vier Werke in Richters üblicher Rakeltechnik wurden mit großem Tamtam für das in Berlin geplante „Museum des 20. Jahrhunderts“ angekündigt. Zurzeit sind sie in Düsseldorf im K 21 zu sehen (bis April 2022).

Diese Bilder hat Richter 2014 gemalt, zunächst „Abstraktes Bild“ betitelt und dann in „Birkenau“ umbenannt. Seitdem reißen die kontroversen Diskussionen darüber nicht ab. Der Kölner Künstler hatte historische Fotos von Opfern des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau auf jeweils 2,60 mal 2,00 Meter abgemalt und dann in seiner Manier mit Farbstrukturen überzogen. Denn seine Erkenntnis war, so wird kolportiert, man könne das Grauen von Auschwitz nicht abbilden. Sicher richtig, und nun waren es eben abstrakte Werke in Rakeldeko. Dass Richter später doch diesen sprechenden Titel gewählt hat, als könne es irgendeine innere Beziehung zwischen gewischten Farbstrukturen und dem Thema geben, das warf und wirft dann erst recht Fragen auf. Und zwar künstlerische wie ethische.

Wenn im Richterraum des geplanten Museums dereinst einige Tafeln dieser Machart nebeneinander hängen, und die einen heißen dann „Abstraktes Bild (834-2)“ oder „(947-5)“ und die anderen „Birkenau“, dann sollten die Kuratoren mal testweise die Schilder mit den Titeln vertauschen. Wetten, dass es funktioniert, dass Besucher vor „08-15“, jetzt „Birkenau“, andächtig verharren? Das Aufladen solcher Malerei durch Benennung funktioniert eben nicht, sonst könnte man ein x-beliebiges Richter-Werk auch „Sommerfest“ oder „Bankraub“ nennen. Und  sich dann tiefsinnig was dazu denken.

Die Loblieder, die auf Richters „Birkenau“-Zyklus gesungen werden, überzeugen alle nicht, weil sie diese simple Tatsache zu offensichtlich übertönen wollen. Und damit sind wir beim ethischen Problem, das den Künstler wie seine unkritischen Bewunderer gleichermaßen betrifft: Diese Malerei ist nicht nur unehrlich, durch die visuell nicht einlösbare Zuschreibung wird der Holocaust – einmal mehr – instrumentalisiert. Wenn ich mir den Vorgang vorstelle, die abgemalten Fotos der Opfer mit Farbe zu überdecken, unsichtbar zu machen, habe ich ein gelinde gesagt ungutes Gefühl. Böse formuliert: Da wird den Opfern mit dem Rakel eins ausgewischt.

Und was ist mit denen, die vielleicht wirklich tief ergriffen vor dem Zyklus stehen und der Geschichte gedenken? Sie verhalten sich so wie religiösen Symbolen gegenüber, die Ehrfurcht erzeugen. Kirche braucht solchen Kitsch, um die Menschen bei ihren Gefühlen zu packen. Das Erinnern an die Geschichte des Holocaust braucht das nicht. Hier haben wir die Gedenkstätten, die Orte und Dokumente, noch haben wir auch Zeitzeugen, alles dies, was nicht nur Gefühle vermittelt, sondern auch Erkenntnisse. Und wir haben auch Kunstwerke, die das leisten, was die Richter-Bilder nicht leisten. „Stolpersteine“ zum Beispiel. Hoffentlich werden wir Gunter Demnigs großartiges Projekt im „Museum des 20. Jahrhunderts“ wiederfinden.

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Aus der Wirklichkeit

Pandemietauglich: der Schmuckeremit

Schmuckeremit im Muskauer Park, mit Impfnachweis

Eine vergessene Kunstfigur freut sich – still und einsam, wie es ihr geziemt – über eine unerwartete Renaissance. Lange war der „Schmuckeremit“ aus der Mode, nun plötzlich ist er auf dem Weg zum perfekt pandemietauglichen Rollenmodell. Wer hätte denn mehr Abstand zum Publikum, als der von ferne winkende Bewohner einer malerischen Grotte? Während die Musikkneipen und die Theaterbühnen großen Aufwand treiben müssen, um überhaupt Künstler und Zuschauer in eine sichere Konstellation zu bringen, wenn die Akteure nicht nur vom Balkon trällern wollen, hat der Darsteller eines romantischen Einsiedlerlebens in einer weitläufigen Parkanlage da überhaupt kein Problem. Unbekümmert um 2G (plus) oder 3G setzt er sich einfach in Positur, krault seinen Bart und ruft: „Jetzt glotzt mal schön romantisch!“

Die ganz Coolen nennen sich „ornamental hermits“ und posieren in den Netzwerken mit Selfies. Ganz klar, dass es auch Schmuckeremitinnen gibt, allerdings ohne Bart, weshalb sie es noch haben schwer in diesem Metier. Die Vorbilder der lebenden Zierfiguren stammen aus dem 18. Jahrhundert. In englischen Landschaftsparks gehörten sie zum Inventar, meist nur mäßig gut bezahlt, dafür aber völlig stressfrei. Sich den Besuchern des Parkbesitzers von Ferne im wallenden Gewand zu zeigen, das war ja schon alles, was sie zu erledigen hatten.

In der Regel gelten die Eremiten heute als Selbstständige, die frei entlohnt werden, es gibt aber auch bereits 400-Euro-Jobs in diesem florierenden Gewerbe. Die Gewerkschaft verdi feilt deshalb schon an einem Tarifvertrag „Ornamentale Dienstleistungen“. Das Problem dabei ist, die echten Künstler von denen exakt zu unterscheiden, die irgendwo in anderen Berufsgruppen als bloße Schmuckelemente existieren.