Die Gepäckstücke, die Carola Willbrand an zwei Positionen in der Kulturwerkstatt abgestellt hat, haben offenbar ihre Geschichte. Die kompakten Bündel, das eine in erdiger, das andere in blau-grüner Farbigkeit, machen einen morbiden Eindruck. Die Oberflächen mit ihren Kratern und Rissen sehen stark verwittert aus. Mit Lederriemen sind die Pakete auf Trolleys befestigt. Beweglich sind die Altertümchen – „Auf dem Weg“ ist ihr gemeinsamer Titel.
Der Eindruck des Historischen trügt nicht. Die Künstlerin hat abgelegte Kleidungsstücke von Mitgliedern ihrer Familie, es können auch eigene darunter sein, zu „Körpern“ geformt, wie sie sagt. Die Riemen sind Hundeleinen, die ihrer Mutter gehörten (eine Hundemarke der Stadt Köln hängt noch daran). Die Textilien hat sie mit Knochenleim und Pigmenten überzogen. Der Leim entwickelt die rissige, schrundige Oberfläche, wenn er der Witterung ausgesetzt wird.
Die Bildsprache, die informelle Malerei entwickelt hat, um die Rätsel des Sichtbaren jenseits des Gegenständlichen zu erkunden, setzt Willbrand auf ihren Objekten ein, um eine Ästhetik des Archäologischen zu entwickeln. Das Material kann für sie mit konkreten Erinnerungen behaftet sein; dem Betrachter teilt sich die Aura der Zeugenschaft an Erlebtem atmosphärisch mit.
Fotos, eingearbeitet in Objekte, sind ebenso wie die Textilien Stoff der Erinnerung wie Anlass zu Fragen an die Vergangenheit, so in der dritten Arbeit von Carola Willbrand in Kircheib: „Leben in den Zweigen“. Die ineinander verflochtenen Ranken sind eher Nest als Pflanzenornament. Das Gewirr der Zweige ist eine Zeichnung auf der Wand, in die sich ein gelb-grünes Objekt einfügt. Die Schlingenform war einmal eine Strumpfhose. Mit Pigmenten und diesmal Kunstharzleim, der sich im Freien nicht so stark verändert, wird das dünne weiche Material zur stabilen Plastik.
„Die Materialien des täglichen Gebrauchs sind das Lebensmaterial zur Wiederverwendung“, schreibt Willbrand in einem Text zu ihrem Werk. Was sie zeigt, ist indes mehr als „upcycling“ von Abgelegtem zu Kunst-Material. Ihre Objekte wirken auch wie eine Beschwörung des gelebten Lebens, das nicht einfach nur Vergangenheit ist.